Indiana Jones ist ein Langweiler !?

  Mir war es wichtig, neben den realistischen Handlungsorten, die Charaktere der Personen vorzuformen. Ich wollte Personen auftreten lassen, die ich vorher kennen gelernt hatte, über deren Innerstes ich mir vorher Gedanken gemacht habe. Gerade bei den Hauptpersonen ist es wichtig, dass mir klar ist, wie sie in den einzelnen Situationen zwangsläufig handeln werden. Welche Handlungsweise passt zu welchem Charakter? Diese Frage war für mich essentiell, weil ich bei früheren Projekten Personen aufgebaut habe und sie dann unglaubwürdig gehandelt und so den Plot und die Metaebene in Verruf gebracht habe. Teilweise habe ich ganze Kapitel umschreiben müssen. Diesen Aufwand wollte ich nicht noch einmal bei der Korrektur eines Textes betreiben. Durch gute Vorarbeit ist dieser Fehler leicht vermeidbar. Um es zu verdeutlichen: Stellen Sie sich vor, sie schreiben etwas über Indiana Jones, der Inbegriff der Tatkraft, der keine Risiken scheut und keiner Gefahr aus dem Weg geht und sie lassen ihn einfach zu Hause bleiben und stellen dar, dass er als Weichei zu Hause sitzt und sich anstatt um archäologische Rätsel um seine Briefmarkensammlung kümmert. Er sitzt abends gramgebeugt und halbblind bei Kerzenschein und zieht mit einer Pinzette an irgendeiner alten Briefmarke herum, während seine Ehefrau ihn auf der anderen Seite des Tisches sitzend anschnauzt, dass er endlich den Müll herunterbringen soll und er ihr mit weinerliche Stimme entgegnet, dass er Angst habe bei Dunkelheit in den Garten zu gehen. Okay, es würde funktionieren, wenn sie eine Satire über Indiana Jones schreiben wollen, aber das wollen sie nicht. Sie wollen, das Indiana Jones als ihre Figur glaubwürdig ist und sich tummelt, um gefährliche Abenteuer zu bestehen. Wenn sie jetzt wollen, dass Indiana Jones sich aus dem Sessel schält und seine Peitsche schwingt, werden sie passende Formulierungen dafür finden. Allerdings glaubt ihnen das kein Leser mehr. An der Stelle klemmt die Geschichte und egal was sie schreiben, sie können es nicht mehr retten.

In meinem Fall habe ich mir die Freiheit genommen, ca. fünf bis sechs Personen vorzuzeichnen. Es betrifft Personen, die miteinander in Verbindung stehen, die familiär aneinander gebunden sind und alleine dadurch bestimmte Handlungsweisen vorbestimmt sind. Alle anderen Personen, die den Protagonisten an den Stationen der Reise begegnen, habe ich erst im Laufe der Geschichte entwickelt. Ansonsten hätte ich die Geschichte komplett vorschreiben müssen. Dieses Korsett hätte mich persönlich beim Schreiben gehemmt. Die Stationen der Weltreise waren geplant und es war vorgegeben, dass sie am Ausgangsort enden musste. Ein Kapital im hinteren Teil sollte einen phantastischen Teil enthalten. Ich nannte es „Reise zum Mond“ und habe anfangs wirklich gedacht, ich schicke die beiden Protagonisten auf den Mond. Im Nachhinein machte es keinen Sinn. Allerdings schrieb ich eine Art Traumszene, die sich gut in die Handlung eingefügt hat und sie auch voranbringt. Meine Geschichten sollen immer einen irrealen Teil, eine Phantasie, einen Traum, ein Wahnvorstellung enthalten, ohne dass die eigentliche Geschichte aus dem Ruder läuft. Ein kleiner Spleen, der mich in die Nähe mancher postmoderner Autoren bringt, deren Texte oft zwischen Wirklichkeit und Wahn schwanken. Ansonsten ließ ich alles andere offen. Somit habe ich für meine Verhältnisse relativ viel Zeit mit der Vorbereitung verbracht. Irgendwann kam der richtige Moment, um mit dem Schreiben der Geschichte zu beginnen. Ich hielt es nicht mehr aus, fühlte mich gut gerüstet und wollte endlich loslegen.

 

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