
Ich bin heute mit Kopfschmerzen aufgestanden. Das passiert sehr selten. Ich bin kein Kopfschmerztyp und normalerweise bin ich auch kein Jammerlappen. Ein Großteil meines Alltags besteht daraus, Menschen zuzuhören, die leidend sind. Und wenn ich Ihnen so zuhöre, komme ich Laufe des Gespräches immer zu dem Schluss, dass sie eigentlich nur leiden wollen, damit sich für sie nichts verändern muss. Ich probiere immer wieder diesen Menschen zu erklären, das Veränderung etwas wunderbares sei. Und dann hämmert es in meinem Kopf, dieser verdammte Schmerz aus dem Nichts, dieses Gefühl in den letzten vier Wochen steckengeblieben zu sein, in einem Kreislauf aus Leiden, Kraftlosigkeit und Unfähigkeit festzustecken wie in der sich immer schneller drehenden Trommel einer Waschmaschine im Schleudergang. Eigentlich tragen einem die Fliehkräfte aus der Trommel, aber die Tragik liegt darin, dass einen die Trommel nicht rauslässt…
Es hat angefangen, dass ich ein Exposeé für meinen Roman zwo schreiben wollte und ich fünf Seiten aus meinem Hirn herausgepresst habe wie Kot aus meinem After nach einer Woche Verstopfung. Um dann festzustellen, dass die meisten Verlage keinen Bock auf fünf Seiten haben, sondern nur drei Seiten haben wollen. Jetzt sitze ich seit vier Wochen an diesem Exposee und schnitze es mir zurecht, um nach jedem Schnitzvorgang festzustellen, dass es verdammt nochmal immer noch mehr wie drei Seiten sind…
Dann ging es weiter, dass die Hälfte der Menschen in meiner Umgebung krank geworden sind. Die meisten haben zum Glück nur eine Grippe oder eine Erkältung. Ich kann dieses Gefühl nicht ertragen, bald auch dran zu sein, weil ich diese dummen Viren und Bakterien nicht für immer von mir fern halten kann. Ich will keine Unterbrechung meines Alltags aus Krankheitsgründen. Dafür habe ich einfach viel zu viel zu erledigen. Dazu noch dieses Umbruchwetter, mal Winter, mal Frühling, mal Sonne, mal Wärme, mal Kälte, Regen, Schnee und andere unangenehme Erscheinungen der Natur. Das Warten auf den Frühling zieht mich jedes Jahr herunter (doch ein Jammerlappen). Zu guter Letzt ist auch noch jemand gestorben, den ich seit dreißig Jahren kannte. Ich war auf der Beerdigung und es hat wieder soviel in mir losgetreten, Erinnerungen an alte Zeiten, daran, dass meine Ursprungsfamilie nichts mit mir zu tun haben will , was das eigentlich mit mir macht, zu wissen, dass meine Eltern auch irgendwann in einem Sarg liegen werden und ich nicht an das Rednerpult treten und darüber reden kann, welch wunderbare Menschen meine Eltern waren.
Und dann immer dieses Exposee im Hinterkopf…fünf Seiten…viereinhalb…vier Seiten…bleibt nicht mehr viel übrig…Schnauze weiter schnitzen….
So und zu guter Letzt habe ich noch ein schlechtes Gewissen, weil ich meinen Blog vernachlässige und vielleicht doch der eine oder andere Leser sich von mir abwendet, weil der schreibt ja eh nix mehr…..
Das kann ja so nicht weitergehen…also schnitze ich und sende Lebenszeichen….