Marathon-Vorbereitung 6. Woche – 63,09 km

Ich hätte am Anfang der Woche nicht geglaubt, dass ich mich am Ende der Woche nicht nur gut fühle, sondern auch optimistisch in die Zukunft blicken kann.

Okay auf dem Bild von heute, dass ich in der Pause meines Longruns gemacht habe, schaue ich eher kritisch in die Kameralinse. Das mag vielleicht daran liegen, dass ich meinen Pausenplatz ziemlich hässlich fand, weil man dort eine Fläche wieder mal unnötig versiegelt hat und schon bei den eher frühherbstlichen Temperaturen zu spüren war, wie sich der Platz aufheizt, weil es dort keinerlei Schatten gibt.

Letzten Sonntag habe ich mich noch an den unzähligen Instagrampostings vieler Läufer, die am Berlin Marathon am letzten Sonntag teilgenommen haben, geweidet und manchmal ein emotionales Tränchen verdrückt. Da war es Berlin sommerlich warm und hier hat es schon aus Eimern geschüttet. Die Woche über hat es viel geregnet und ich bin am Dienstag und Donnerstag in der Dämmerung im Regen gelaufen. Ich laufe nicht gerne im Regen (wer macht das schon), aber ich habe es mir schön geredet, in dem ich es als eine besondere Form der Vorbereitung auf den Frankfurt Marathon betrachtet habe. Schließlich gab es Jahre, in denen es in Frankfurt Ende Oktober so heftig und ausdauernd geregnet hatte, dass man den Marathon bei niedrigen Temperaturen im Dauerregen absolvieren musste. Ich glaube, junge Leute nennen so etwas positive Affirmation. Hat bei mir geklappt. Ich war am Ende sogar froh 12 Kilometer im Regen gelaufen zu sein.

Mein Marathonplan sah vor, dass ich eigentlich gestern meinen Longrun ableiste und heute einen 10 Kilometerlauf. Aus terminlichen Gründen musste ich die Reihenfolge ändern. Gestern hatte meine jüngste Tochter und mein jüngster Sohn ihren Handballspieltag und ich war mit meiner Familie den ganzen Tag in der Halle. Die Zeit reichte nur, um gegen kurz vor sechs die 10 Kilometer zu laufen und anschließend Krafttraining zu machen. Wettermäßig eine kluge Entscheidung, denn heute hat den ganzen Tag die Sonne geschienen und bei angenehmen Temperaturen, habe ich heute mal die Dillstrecke ausprobiert. Dort hat man in den letzten Jahren tolle Radwege gebaut und so eine Strecke geschaffen, die von Wetzlar ohne Unterbrechung nach Dillenburg führt. Größtenteils liegt die Strecke entweder an der Dill oder an der Bahnstrecke. Man kann den Blick über die grüne Flussebene schweifen lassen und hört neben sich die Dill plätschern.

Bei so langen Strecken reicht das allerdings nicht aus, um eine mentale Abwechslung zum monotonen Bewegungsablauf zu schaffen. Der gleichbleibenden Rhythmus von Arm- und Beinbewegung und dem synchronen Atmen kann einen nach zwei Stunden echt fertig machen. Man fühlt sich entweder wie eine Maschine oder läuft sich in eine meditative Ekstase. Beides finde ich seltsam und manchmal schrecke ich beim Laufen hoch und denke, dass ich mich in einer Simulation befinde. Also hatte ich mich entschlossen, mich beim Laufen mit einem Podcast abzulenken. Musik mit seinem eigenen Metrum hätte mich vielleicht negativ beeinflusst und meinen Laufrhythmus gestört. Manche Läufer basteln sich ja Playlisten mit Musik, die sich an ihrem Rhythmus orientieren und hören dann immer die gleiche Playlist. Also unterstreichen sie die Monotonie noch einmal mit Musik. Es gibt allerdings kaum Podcasts, die drei Stunden dauern. Ich hatte mir „Alles gesagt“ von der Zeit ausgesucht. Ein sieben Stunden langes Interview mit Wim Wenders sollte wohl ausreichen, um mich beim Laufen zu begleiten. Das Konzept des Podcasts finde ich herausragend. Zwei Journalisten der Zeit reden mit Prominenten über ihr Leben und es gibt keine Zeitvorgabe. Das Gespräch endet, wenn die Gäste ein vorher besprochenes Signalwort benutzen. Daher gibt es Sendungen, die nur zwei Stunden dauern, aber auch welche, die acht Stunden dauern. Und wer jetzt Herr Wenders kennt, weiß dass er ein besonnener und langsamer Redner ist, der mit seinen achtzig Jahren viel zu erzählen hat. Er ist nicht nur einer der besten Filmregisseure, sondern auch ein leidenschaftlicher und humorvoller Erzähler und ich höre ihm gerne zu. So gingen dann die drei Stunden und dreißig Kilometer schnell vorüber. In dieser Woche habe ich gespürt, dass das Training seine Wirkung nach und nach entfaltet. Ich komme mit den Belastungen besser klar und auch nach dem Longrun fühle ich mich körperlich gut und nicht ausgelaugt.

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