Marathon-Vorbereitung 9. Woche – 25,16 km

Bis Mittwoch hatte ich mich geschont. Meine Knieschmerzen haben nachgelassen. Am Mittwoch bin fünf Kilometer gelaufen und habe danach etwas Yoga gemacht (die sieben Kostbarkeiten der Shaolin…ach Quatsch die acht Bewegungen der Wirbelsäule…dieser Fernostkram macht mich ganz narrisch) und mein Krafttraining absolviert. Schon bei den Kniebeugen habe ich gespürt, dass sich an meinem schmerzenden Knie sich etwas bewegt. Es hat geknackt und gejuckt. Auf einer Treppenstufe mache ich so Sachen wie Knieheber, um die Muskeln am Fuß und Knie zu stärken und nach dem Training waren die Schmerzen verschwunden. Am nächsten Tag saß ich auf der Arbeit. Dort habe ich die unangenehme Angewohnheit beim Sitzen die Beine längere Zeit zu verdrehen. Das ist meine höchstpersönliche Art mit Stress umzugehen. Aber nicht gut für meine Knie, denn plötzlich waren die Schmerzen wieder da. Am Freitag bin ich vierzig Minuten gelaufen und habe danach wieder Krafttraining gemacht. Das Resultat war das Gleiche wie am Mittwoch. Heute hatte ich mein letztes Intervalltraining: 3 mal 4 KM in jeweils 22.40 Minuten. Vom Tempo her gar kein Problem. Habe ich gut und entspannt hinbekommen. Das Wetter war klasse, ruhiges und trockenes Herbstwetter. Ich bin auf meiner Stammstrecke im Bodenfeld gelaufen. Ich hatte wieder mal, um der Lauflangeweile entgegen zu wirken, Kopfhörer in den Ohren. Ich habe mir ein Interview mit Page Hamilton reingezogen. Hamilton ist der Leadsänger und Gitarrist von Helmet, einer Alternative- Hardcoreband, die in den Neunzigern recht erfolgreich war. Page Hamilton ist ein total interessanter Typ. Ich war total überrascht, dass er Jazz-Gitarre studiert hat und sogar eine Zeitlang in Deutschland studiert hat. Allerdings sind seitdem Intervalltraining die Knieschmerzen wieder etwas mehr zu spüren. Ich gehe davon aus, dass ich nächste Woche in Frankfurt laufen kann. Ich muss mich aber strikt an meine Laufstrategie halten und die erste Hälfte langsam laufen (Pace 6 Minuten bis 6.15) Wenn ich dauerhaft schneller laufe, kann es sein, dass mein Knie die 42 Kilometer nicht schmerzfrei überlebt und ich vielleicht bei der Belastung an der Strecke scheitere. Von Anfang an war klar, dass es nur ums Schaffen der Strecke geht, nicht um irgendwelche Zeiten. Ansonsten habe ich die Woche über wenig geschlafen. Der Stress auf der Arbeit nach meinem Urlaub hat mich wach gehalten. Ist schon immer komisch, dass man sich den Urlaub verdienen muss, indem man sich vor und nach dem Urlaub richtig knechtet. Wehe irgendeiner CDU-Politiker kommt mir um die Ecke und erzählt mir etwas von: die Deutschen müssen mehr arbeiten…ich habe auf jeden Fall manchmal das Gefühl, die eine Milliarde unbezahlter Überstunden, die die Deutschen vor sich her schieben, lasten auch auf meinen Schultern. Natürlich könnte man jetzt fragen, warum machst du auch so ein Laufquatsch? Naja, ich war auf jeden Fall noch nie so gesund und fit. Davon profitiert ja auch meine Arbeit, oder? Die Work-Life-Balance ist ja keine Einbahnstraße, auch wenn das so manche Helden der Wirtschaft und Politik glauben. Man misstraut gerne den Angestellten dieser Republik und unterstellt ihnen, dass sie nur arbeiten gehen, um die Arbeitgeber zu schädigen. Es kann ja nicht sein, dass man Gehalt bekommt und dann auch noch ein Privatleben hat. Ich freue mich auf den nächsten Freitag, wenn ich mir die Freiheit nehme und nicht arbeiten gehe, um mir Nachmittags in Frankfurt meine Startnummer abzuholen.

Marathon-Vorbereitung 8. Woche – 21,05 km

Vollgepumpt mit meiner Euphorie über meine Leistung in der vorletzten Woche habe ich nicht gemerkt, das sich unterhalb meiner linken Kniescheibe ein Schmerz eingenistet hat. Montags bin ich noch davon ausgegangen, dass der anstrengende Halbmarathon in meinen Knochen und Muskeln seine Spuren hinterlassen hat und ich einfach nur ein oder zwei Tage regenerieren muss. Dienstags war ich wieder fit, doch der Schmerz blieb. Ich hatte keine Schwellung, nichts gerötet, auch war das Knie nicht warm. Also habe ich Kyttasalbe draufgeschmiert und gedacht, es wird besser. Dienstags hätte ich schon wieder laufen sollen. Das habe ich erst einmal sein lassen. Ab Mittwoch hatte ich das Bein immer wieder hochgelegt und die Stelle gekühlt. Das half ein wenig, hat aber nicht dazu geführt, dass der Schmerz abklingt. Donnerstag hatte ich die Schnauze voll und bin einfach losgelaufen. Beim Laufen habe ich den Schmerz nicht gespürt. Ich konnte ohne Probleme meinen fünf-Kilometer-Lauf abreißen. Bis heute hat sich der Schmerz gehalten. Etwas weniger stark und ausgeprägt wie am Anfang, aber immer mal wieder präsent, insbesondere wenn ich lange gesessen habe und dann aufstehen musste. Mein linkes Bein fühlt sich dann für einen Moment steif an und ich muss langsam hochgehen. Am Samstag bin ich fünf Kilometer und heute 10 Kilometer gelaufen. Heute bin ich mit meiner jüngsten Tochter gelaufen, die mit ihren 14 Jahren schon recht flott unterwegs sein kann und es hat beim Laufen wieder nicht weh getan. Auf der Strecke habe ich mich mit einer Autofahrerin angelegt, weil sie auf einer Forst- und landwirtschaftlichen Weg, den auch Anlieger mit ihren Autos nutzen dürfen, hinter uns hergefahren ist und gehupt hat. Wir sollten gefälligst auf die Seite gehen. Der Weg ist breit genug für Autos und zwei Läufer. Ich hasse diese motorisierten Machtdemonstrationen. Die meisten Autofahrer, echte Anlieger, fahren dann in Schrittgeschwindigkeit an uns vorbei. Ich bin einfach weiter vor ihr gelaufen. Dann ist sie neben uns gefahren, hat die Fensterscheibe runtergefahren und mich angebrüllt. Ich habe zurück gebrüllt. Ist ja klar, dass dann kein Dialog möglich ist. Ich bin einfach weitergerannt, mitten auf der Straße und sie ist wieder neben mich gefahren, hat mich wieder angebrüllt und ich habe Widerworte gegeben. Dann hat sie es zum Glück aufgegeben, hat Gas gegeben und ist mit ihrem 3er BMW davongerast. Aus lauter Wut bin ich die nächsten zwei Kilometer gerannt und meine Tochter ist hinterhergehechelt. Irgendwann hat sie mir dann zu verstehen gegeben, dass ich jetzt mal gefälligst langsamer laufen soll. Ich geriere mich manchmal als Wutbürger und merke gar nicht, dass ich mich absolut kindisch verhalte. Wenn ich alleine bin, ist das meine Sache und ich muss das aushalten. Aber meine Tochter reinzuziehen ist echt mehr als ungehörig und dumm. Warum bin ich nicht einfach zur Seite gegangen als die Frau gehupt hat und bin somit dem Ärger aus dem Weg gegangen bzw. Wir sind dann einen Kilometer langsamer gelaufen und den letzten Kilometer hat meine Tochter das Tempo von sich aus angezogen.

Nachmittags habe ich meine große Tochter getroffen, die Sporttherapeutin ist und habe sie gefragt, was ich denn da am Knie haben könnte. In den letzten Tagen habe ich von Bekannten verschiedenen Versionen gehört, über Schleimbeutelentzündung und Blockade des ISG-Gelenks war alles dabei. Meine Tochter sagte nur, dass sie jetzt ihr Taschen-MRT nicht dabei habe, aber vermutet, dass ich ein Problem mit dem Innenband habe. Ich soll mich schonen, am besten gar nicht laufen. Wir waren uns einig, dass es nur eine Reizung ist und das dauert ein- bis Zwei Wochen, wenn ich Glück habe, bis der Schmerz abklingt. Sie hat mich eindringlich davor gewarnt, weiter zu trainieren und mir nahegelegt, den Marathon abzusagen, wenn der Schmerz nicht verschwindet. Ich soll weiter Krafttraining machen und Yogaübungen, aber nicht laufen. Oh je, das wird schlimm. Es wäre eine Katastrophe, wenn ich den Marathon absagen muss und mir am Ende beim Training auch noch eine unangenehme Verletzung zugezogen habe, die schlimme Folgeschäden nach sich ziehen könnten.