



Nur noch drei Wochen bis zum Marathon in Frankfurt. Diese Woche war vollgepackt mit Terminen. Am Montag bin ich um acht Uhr morgens aus dem Haus und um acht Uhr abends nach Hause gekommen. Am Dienstag habe ich bis 18.30 Uhr ohne richtige Pause durchgearbeitet. Stress, Erschöpfung und Müdigkeit sind dann vorprogrammiert. Dazu noch der Herbst mit seinen Regen- und Windattacken und die frühe Dunkelheit am Abend. Ich hatte erwartet, dass mir das vom Trainingsplan vorgegebene etwas geringere Laufpensum meinen Terminen entgegenkommt und ich dann nicht völlig durchhänge. Hat nur teilweise geklappt.
Den dreißig-Kilometer-Lauf am vergangenen Sonntag hatte ich gut weggesteckt und ich war vorsichtig optimistisch als ich Dienstag losgelaufen bin. Ich habe ganz gut mitgehalten aber richtig Freude kam keine auf. Am Donnerstag bin ich viel zu spät losgelaufen. Da es mein letzter Arbeitstag vor dem Urlaub war, musste ich meinen Schreibtisch leer bekommen und so konnte ich erst gegen 18.45 Uhr die Arbeit verlassen. Also bin ich gegen 19.15 in die Dunkelheit gelaufen. Auch wenn ich die Strecke sehr gut kenne, musste ich oft mein Tempo reduzieren, um nicht daneben zu treten. Meine Stirnlampe hatte ich zu Hause nicht gefunden. Hätte ich doch vorher mal ausgiebig gesucht, denn ohne Stirnlampe geht es zu dieser Jahreszeit nicht mehr. Außerdem war ich fürchterlich müde. Ich bin in unserer Straße auf unser Haus zugelaufen und konnte das warme Licht in unserem Wohnzimmer in der Dunkelheit sehen. Also bin ich vor unserem Haus stehengeblieben und habe das Training drei Minuten zu früh beendet.
Zum Training gehört Disziplin und Beharrungsvermögen und ich bin manchmal fürchterlich akribisch und verbohrt, wenn es um Vorgaben geht. Man könnte mich auch als Laufbeamten bezeichnen. Wenn im Trainingsplan 60 Minuten steht, laufe ich 60 Minuten. 59 Minuten und 59 Sekunden sind schon zu wenig. Wie soll das ganze den funktionieren, wenn sich niemand an die Regeln hält? Man sieht ja jeden Tag wo das hinführt, dass sich alle nicht mehr an die Regeln halten….okay, ich war einfach müde und wollte nach Hause.
Am Samstag hatte ich endlich genug Zeit, meine Stirnlampe zu suchen und durfte mich bei einem entspannten 30minütigen Dauerlauf entspannen. Problem: es sollte ein Steigerungslauf werden. Also langsam anfangen und jeden Kilometer etwas schneller laufen. Ging ganz gut, da ich mich einfach ein wenig geschont habe und mich nur leicht gesteigert habe. Die große Herausforderung stand noch am Sonntag an: einen Halbmarathon mit einer Pace von 5:13 laufen. Wie bitte? Meine PB (PERSÖNLICHE BESTZEIT!!!!)liegt bei knapp unter 2 Stunden mit einer Pace von 5:42. Das ist doch ein Druckfehler. Die Trainingsplanautoren wollen mich zerstören. Ich habe tagelang überlegt, wie ich da drangehe. Ohne eine Pacevorgabe zu laufen, hätte mir keinen Motivationsschub verschafft. Aber 5:13 auf der Garmin einzustellen und dann nachher bei eine 5:35 zu landen, wäre auch niederschmetternd. Also habe ich einen Trainingslauf mit Halbmarathon Distanz und einer Pace zwischen 5:25 und 5:35 eingestellt. Auf meiner Uhr sehe ich dann die Durchschnittspace und kann mich gut orientieren. Das hat bisher besser funktioniert, als sich die aktuelle Pace anzeigen zu lassen und dann kein Gefühl für das Endergebnis zu haben. Wenn ich zu schnell laufe, sehe ich das sofort auf meiner Uhr und kann meine Geschwindigkeit drosseln, lauf ich zu langsam, muss ich Gas geben.
Da ich mit meiner Familie noch einen kleinen Ausflug machen wollte, musste ich mich etwas beeilen und musste halb elf loslaufen. Natürlich hat es richtig geregnet. Aber wie wir schon gelernt haben, darf uns das nicht abhalten. Nach drei oder vier Kilometer hat der Regen aufgehört und ich bin auch den Rest der Strecke im Trockenen gelaufen. Ich bin wie letzte Woche schön an der Dill entlanggetrabt. Nach sechs Kilometer habe ich mir das erste Gel und ein paar Schluck Isogetränk gegönnt. Normalerweise habe ich das erste Gel nach acht Kilometern aufgemacht. Bei einem Lauf am Limit muss ich früher nachtanken. Die Kunst besteht ja bei solchen Läufen darin, am Limit und nicht darüber zu laufen. Das habe ich die ersten zwölf Kilometer gut hinbekommen. Dann habe ich noch mal ein Gel und Iso getankt und war davon ausgegangen, das meine Leistung bald nachlässt. Das Gegenteil ist geschehen: ich wurde schneller. Bei zwölf Kilometer hatte ich eine Pace von 5:27 und bei siebzehn Kilometer 5:25. Da habe ich nachgerechnet und festgestellt, das wenn ich die Pace halte, ich meine Bestzeit um vier Minuten schlage. What the fuck!! Ich habe mehrfach nachgerechnet und gedacht und gerechnet und bin nicht langsamer geworden. Ich habe die Pace ins Ziel gerettet und meine PB um vier Minuten geschlagen. Für so alte Leute wie mich, die das also Hobby betreiben ist das quasi gar unmöglich….alles passt….Training passt….Laufstrategie passt…..ich bin wirklich in den sieben Wochen deutlich besser und schneller geworden….Das erzeugt Zufriedenheit und lässt mich die nächsten drei Wochen etwas gelassener angehen.