Die letzte Woche hat mir alles abverlangt. Ein Test für mein Beharrungsvermögen und meine mentale Stärke, mit zweifelhaftem Ergebnis. Montag und Dienstag habe ich gefastet, weil ich für eine medizinische Untersuchung einen leeren Magendarmtrakt vorweisen musste. Erst Dienstag Nachmittag nach der Untersuchung durfte ich wieder etwas essen. Abends stand ein 60 Minuten-Dauerlauf an. Auch wenn ich mittlerweile wieder Nahrung zu mir genommen hatte, fiel mir das Laufen die ersten Kilometer sehr schwer. Aber ich habe tapfer durchgehalten, musste allerdings auf mein Krafttraining verzichten. Mittwoch und Donnerstag war vollgepackt mit Terminen. Donnerstag hatte ich einen Termin nach dem anderen und bin erst um 19.30 Uhr zu Hause gewesen. Es dämmerte am Horizont, als ich gegen kurz vor acht los lief. 70 Minuten Dauerlauf war vorgeschrieben und ich habe mich echt gewundert, dass ich recht flott vorangekommen bin. Da meine übliche Strecke abseits der Stadt liegt, bin ich ein Großteil der Strecke in der Dunkelheit gelaufen. Ich habe zwar eine Stirnlampe, aber wie man das halt eben so macht, die lässt man im Schrank liegen und läuft lieber in der Finsternis. Mit dem Ergebnis, dass ich immer langsamer wurde, weil ich den Untergrund und die Unebenheiten kaum erkannt habe. Es war fast halb zehn, als ich zu Hause ankam, etwas essen und mich ausruhen konnte. Donnerstag auf Freitag habe ich super geschlafen und war einigermaßen ausgeruht. Freitag Abend war ich unterwegs, soziale Pflichten, Vereinsarbeit oder wie man das auch immer bezeichnen will. Erst halb zwölf war ich im Bett und habe mich die ganze Nacht rumgewälzt. Samstags Haushalt machen, Tochter beim Handball zusehen und dann sechzig Minuten Laufen. Mein Kopf war schwer, mental war ich am Boden, müde, schlaff und völlig desillusioniert habe ich am frühen Abend meine sechzig Minuten runtergerissen. Wenigstens habe ich noch mein Krafttraining machen können. Todmüde bin ich ins Bett gefallen und nach neuneinhalb Stunden aufgestanden. Frühstück, ein paar Dinge für die Woche vorbereiten und dann 27 Kilometer Longrun. Hätte ich mich nicht ausschlafen können, wäre ich nicht gelaufen. Aber das Wetter war gut, nicht zu warm, nicht zu kalt, ein Mischmasch aus Sonne und Wolken. Ich war vollkommen locker in den Beinen und so bin ich viel zu schnell losgerollt, um dann ab 19 Kilometer immer langsamer zu werden und zum Schluss die 3 Kilometer wie ein Trampeltier über den Asphalt zu poltern. Ich werde es nie lernen: langsam loslaufen, Kraft einteilen. Meine Garmin hatte noch einen Geisterkilometer gezaubert und lt. der Uhr habe ich für Kilometer 28 nur 3 Sekunden gebraucht. Sehr beeindruckend mein letzter Kilometer. Beim Marathon wäre ich nicht mehr ordentlich ins Ziel gekommen. Im Geiste habe ich meine Erwartungen an meine Marathonzeit um eine halbe Stunde heruntergeschraubt: 4.30 Stunden klingt nach dem Longrun sehr verlockend und realistisch. Es sind noch sechs Wochen und trotz der Zeit, die ich investiert habe, kann ich mir nicht vorstellen, das Ziel n der Festhalle zu erreichen. Ist das die richtige Einstellung? Mein ganzes Leben ist an den Rand gedrängt worden, nur weil ich mir in den Kopf gesetzt habe, einen Marathon zu laufen. Samstags habe ich noch Magazin Royale geschaut und Böhmermann hat sich über Marathonläufer lustig gemacht. Er wirft LäuferInnen vor, dass sie reinen Eskapismus betreiben und vor den Problemen dieser Welt wegrennen. Das tat weh! Als eingefleischter Böhmermannfan und angehender Marathonmann kann ich so etwas kaum ertragen. Ich bin Läufer, lese immer noch die Nachrichten und beschäftige mich mit Politik usw. Aber irgendwie hat er schon ein bisschen recht…wer läuft hat kein Leben mehr und beschäftigt sich mit nichts anderem als dem Laufen….so fühle ich es zumindest im Moment.